Im letzten Jahrzehnt haben Übersetzungstools nicht nur
beeindruckende Fortschritte im Hinblick auf die Benutzerfreundlichkeit, Produktivität
und Automatisierung gemacht, sondern auch eine breite Palette von
Qualitätssicherungserweiterungen entwickelt, die die Erkennung und Korrektur sprachlicher
Fehler im übersetzten Text vereinfachen. Aus diesen Erweiterungen wurden
schließlich eigenständige Review-Tools und –Portale, wie unser eigenes
globalReview, die In-Country Reviewern erlauben, Übersetzungen online zu
überprüfen und freizugeben.
Ein "ganzheitlicher" unternehmensweiter Ansatz muss
aber über einfache Qualitätskontrollen hinausgehen und auf strategischer Ebene versuchen,
einen echten Qualitätssicherungsprozess in Hinblick auf Fehlervermeidung,
Qualitätsbewertung und letztlich Qualitätsverbesserung zu etablieren. Während
die Qualitätskontrolle ja erst im Nachhinein erfolgt, beginnt die
Qualitätssicherung vor der eigentlichen Übersetzung mit Aspekten wie sauberen
Quelltexten, solider Terminologie, Projektvorbereitung und intelligentem Query
Management während des Übersetzungsprozesses. Damit noch nicht genug, geht es
doch nach der Übersetzung um Quality Tracking, Prozessverbesserungen und
Qualitätsbewertung. All diese Prozesse benötigen Akteure, die nicht zur
eigentlichen Übersetzung gehören, wie z.B. Autoren, Kunden oder In-County
Reviewer.
Diese Akteure und „Rand“-Prozesse in den äußerst
industrialisierten, also ausdefinierten, Übersetzungsproduktionsprozess zu
integrieren, das ist jedoch leichter gesagt als getan. Nicht umsonst hat das
Common Sense Advisory vor kurzem festgestellt, dass In-Country Reviews „… dafür
berüchtigt sind, Verzögerungen und Frustrationen bei allen Beteiligten zu
verursachen.“
Abgesehen von technologischer Unterstützung durch einfache
Online-Tools oder der Review direkt im Layout, möchte ich daher zwei Dinge
vorschlagen, von denen ich glaube, dass sie den Reviewprozess verbessern:
- Verschieben wir für die Reviewer den Fokus vom „Reviewen“ an sich in Richtung Qualitätsbewertung der Übersetzung. Anstatt mühsam jedes Segment zu reviewen, können Reviewer vordefinierte Stichproben überprüfen und bewerten. Die Fehlerskala wird berechnet und vor allem kontinuierlich verfolgt. So erhalten wir Business Intelligence, die uns verrät, an welchen Sprachen, Lieferanten, Prozessen oder Projekten wir arbeiten müssen, um die Qualität zu verbessern. Dank dieser Vorgehensweise wird auch der gesamte Prozess viel objektiver und weniger emotional.
- Aus Prozesssicht müssen wir verdeutlichen, dass Reviewer nicht zwangsläufig dafür verantwortlich sind, den Text publikationsfertig zu machen. Reviewer beurteilen die Qualität und, falls Korrekturmaßnahmen ergriffen werden müssen, werden sie vorgenommen werden - von den Übersetzern, die letztlich für den endgültigen Text verantwortlich sind. Die Reviewer helfen uns einerseits sicherzustellen, dass der Text den Marktgegebenheiten und generellen Anforderungen entspricht, und andererseits im Laufe der Zeit ein ständig verbessertes Produkt zu entwickeln.
Ganzheitlich, kollaborativ, qualitätsgetrieben
Klingt nach einem ziemlich komplexen Projekt? Nicht
unbedingt, vorausgesetzt Sie integrieren alle Beteiligten und optimieren Ihre Prozesse.
So vermeiden Sie Enttäuschungen, Verzögerungen, oder, noch schlimmer, totale
Blockade. Darüber hinaus empfehlen wir die Implementierung eines kollaborativen
Sprachenqualitätsprozess mit Hilfe einer webbasierten, zentralen Plattform. Technologisch
muss diese Plattform in CAT Tools integriert werden, während es von der
Bedienung her viel "kooperativer" und kommunikationsorientiert sein
muss. Letzteres ermöglicht und motiviert Nicht-Linguisten, sich an dem Prozess
zu beteiligen, was ihn wesentlich beschleunigt und auch „strategischer“ macht. Zeit
also, Abschied zu nehmen vom mühsamen Reviewalltag. Und höchste Zeit für Terminologieprozesse
im Rahmen der Vorübersetzung, für Query Management während der Übersetzung und für
Qualitätsbewertung nach abgeschlossener Übersetzung.
Die Integration dieser drei Arbeitsbereiche in einen
kollaborativen Ort verbessert insgesamt die Sprachenqualität und bietet folgende
wesentliche Vorteile:
- Es ist sehr einfach und hocheffizient, diese sehr unterschiedlichen Workflows mit einer einzigen aufgabenbasierten Plattform zu verwalten
- Zusammenarbeits- und Community-Funktionen machen es viel einfacher, den Überblick über Aufgaben und offene Fragen zu behalten. Der kommunikationsgesteuerte Prozess bindet auch alle Beteiligten in ein Team ein und verhindert damit, dass individuelle "Black Boxes" sich gegenseitig zu kritisieren.
- Die Qualitätsbewertungsplattform ermöglicht es den Akteuren sowohl Anregungen zu geben als auch die Performance aktiv zu verfolgen. Aufgrund dieses Tracking kommen die Beteiligten nicht umhin, Verbesserungen im Gesamtprozess wahrzunehmen. Objektive Qualitätsindikatoren ersetzen dann gelegentliche und meist emotionale Ausführungen wie "Diese Übersetzung ist schlecht!" Dies wird die Motivation, am Ball zu bleiben, wesentlich erhöhen.
Aber auch die Bereiche wie Terminologie, Übersetzerrückfragen
und In-Country Review profitieren von diesem Ansatz. Beispielsweise kann
Terminologie kollaborativ definiert, "übersetzt", gewählt, und freigegeben
werden. Rückfragen können an die zuständigen Personen weitergeleitet, beantwortet
und dann an alle Übersetzer und Reviewer dieses Projekts mitgeteilt werden. Sogar
die Autoren können miteinbezogen werde und so, danke der beantworteten
Übersetzerrückfragen, ihre Ausgangstexte verbessern.
Wie implementiert man Qualitätsbewertung
Nach der Etablierung dieser unternehmensweiten
Zusammenarbeit kann die Übersetzungsqualitätsbewertung elegant in den Prozess
eingebunden werden. Wir schlagen vor, Ansätze von TAUS und QT21, wie
Content-Profiling oder Fehlertypologie, zu verwenden:
- Content-Profiling berücksichtigt, dass nicht der gesamte Inhalt eines Unternehmens hinsichtlich seiner Qualität gleich behandelt werden muss: Während emotionaler, markenrelevanter öffentlicher Inhalt wahrscheinlich vollständig überprüft werden muss, sollte für internen Inhalt mit schneller Verfallszeit eine 10% ige Stichprobe ausreichen. Kunden und Übersetzungsanbieter einigen sich auf die Art der Inhaltsprofile, die es zu überprüfen gilt, und legen auch fest, in welchem Umfang dies geschieht.
- Fehlertypologie basiert auf der Tatsache, dass nicht alle Fehler gleich heikel sind. Ein Sinnfehler an einer prominenten Stelle wiegt schwerer als ein rein stilistischer Fehler in einem Support-Artikel.
Gleichzeitig ergibt jede Auswertung einen Qualitätsfaktor,
der ständig erfasst wird und dadurch im Laufe der Zeit Business-Intelligence-Einblicke
in den Übersetzungsprozess schafft. Dadurch kann man erkennen, welche Art von
Qualitätsprozess bestimmte Anbieter implementiert haben, welche Sprachen oder
Ressourcen problematisch sind, und ob bestimmte Qualitätsverbesserungsmaßnahmen
erfolgreich waren oder nicht. Und was noch wichtiger ist: Damit erhöht sich die
Transparenz und Objektivität in einem Feld, das notorisch mehrdeutig und hoch
emotional ist. Reviewer - die in der Regel darüber klagen, dass sie alle
Übersetzungen korrigieren müssen, obwohl sie keine Zeit dafür haben - sollten damit
aktiv an dem langfristigen Sprachenqualitätssicherungsprozess teilnehmen,
anstatt Übersetzungen zu „reviewen“ oder Terminologie zu "übersetzen".
Fazit
Betrachtet man Qualität als Teamarbeit und als
kontinuierlichen Verbesserungsprozess und nicht als eine gelegentliche
Korrekturmaßnahme, vereinen wir alle Akteure mit einem gemeinsamen Ziel anstatt
sie zu emotionalen Gegnern zu machen. Last but not least, bewegen wir uns damit
auch weg gelegentlichen Qualitätskontrollen hin zu konsistenter, nachhaltiger
und kollaborativer Qualitätssicherung.
Klaus Fleischmann
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